Herr Kluge beschreibt unsere arrogante Haltung gegenüber anderen Konfessionen und leider war es auch so. Wir gaben uns viel mehr der Lehre und einander hin als sie, wir hatten unsere Beziehungen aufgegeben, unseren Besitz, einige ihren Beruf, die Stadt, das Land, um in der Gemeinschaft zu leben. Das war unsere neue Familie, Gottes Volk. Draußen war die Welt, die sich auf dem Weg ins Verderben befand. Drinnen waren wir vor allem Bösen geschützt. Unsere Liebe zu ihnen (den Menschen außerhalb der Gemeinschaft, d. Übers.) drückte sich darin aus, dass wir sie lehrten und die richtige Lehre lebten...
Ich denke, das ist richtig: In der Kirche sollen wir Schutz vor der Welt haben, Christen sollten sich von Nicht-Christen unterscheiden und sich selbst rein und heilig halten. Wir sollten einander und Ungläubige beurteilen, warnen und ermutigen. Aber unsere Liebe sollte Ungläubigen helfen, die Liebe Christi verwirklicht zu sehen. Auch wenn wir heilig sind, sind wir nicht perfekt, wir sind selbst in einem Prozess der Heiligung. Viele von uns waren vorher ungläubig, lebten in den Sünden der Welt. Gott hat uns vergeben und uns aus Gnade gerettet, so sollten auch wir geduldig sein mit anderen, wie Er mit uns geduldig war... Aber oft fühlten wir uns als die Richtigen – wegen unserer größeren Hingabe, der rechten Lehre, dem biblisch fundierten Lebensstil. Und die Katholiken, Baptisten und alle anderen waren allein deshalb auf dem falschen Weg, weil sie nicht so dachten und handelten wie wir. Ich glaube, dass z. B. die Katholiken verschiedene falsche, unbiblische Lehren haben, oder dass manche Konfessionen Sünden zu sehr tolerieren oder ihre Tradition über die Bibel stellen, aber ich denke: Wir schauten zu sehr auf das Falsche und waren nicht in der Lage, auch Gutes von Leuten außerhalb unserer Gemeinschaft zu lernen. Ich vermute, das geschah auch, um uns selbst vor äußeren Einflüssen zu schützen.
Bezüglich der Bezeichnung anderer Konfessionen: Ich kann mich nicht erinnern, von einer „Katholischen Terror-Organisation“ gehört zu haben, aber einige Begriffe klangen recht respektlos. Sicher, „Jehovas falsche Zeugen“ erscheint eher gerechtfertigt ... Ich kann mich aber erinnern, solche Bezeichnungen nur von einzelnen älteren Geschwistern gehört zu haben. Im allgemeinen waren wir jedoch schon recht kritisch gegenüber anderen.
Dieselbe selbst-verteidigende, andersdenkende-anklagende Haltung ist in Josefs „Apology“ zu spüren: Mit Recht kritisierte Dinge gesteht er nicht ein, sondern verteidigt nur die Gemeinschaft. Es ist nicht demütig genug. Das ist auch der Grund, warum ich diesen Blog schreibe. Herr Kluge hat eine anklagende Haltung in seiner Beschreibung, und Josef ist ebenfalls nicht viel objektiver.
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